Anwalt im Asylrecht in Essen
Das Asylrecht ist politisch hochumstritten und ein sehr dynamisches Rechtsgebiet. Aufgrund zahlreicher Verknüpfungen zwischen nationaler und internationaler Regelungen ist das Asylrecht nicht leicht zu durchschauen, sodass die Hilfe von einem im Asylrecht spezialisierten Rechtsanwalt unerlässlich ist.
Der förmliche Ablauf des Asylverfahrens
Zur groben Veranschaulichung des Asylverfahrens bietet es sich an, das Verfahren in die folgenden wesentlichen Abschnitte zu unterteilen:
Die Ankunft / Antragstellung
Nachdem der Antragsteller in Deutschland angekommen ist, muss zunächst ein förmlicher Antrag gestellt werden, damit das Asylverfahren überhaupt erst in Gang gesetzt wird. Der Asylantrag muss beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) gestellt werden.
Das BAMF hat seinen Hauptsitz in Nürnberg. Des Weiteren hat das BAMF im gesamten Bundesgebiet Außenstellen. Der Asylantrag kann bei jeder Außenstelle gestellt werden.
Sofern das Asylgesuch bei einer anderen Behörde, z.B. bei der Polizei, geltend gemacht wird, hat diese den Asylsuchenden gem. § 19 AsylG an die zuständige Außenstelle des BAMF zu verweisen. Zudem wird jeder Antragsteller erkennungsdienstlich behandelt, das heißt, es werden u.a. Fingerabdrücke genommen und die Personalien aufgenommen. Ab diesem Zeitpunkt erhält der Asylsuchende eine Bescheinigung über die Meldung als Asylsuchender (BÜMA).
Sobald der Asylantrag bei der zuständigen Außenstelle des BAMFs gestellt ist, erhält der Antragsteller für die Dauer des Asylverfahrens eine sog. Aufenthaltsgestattung. Mit dieser Aufenthaltsgestattung ist der Aufenthalt in Deutschland legal.
Die Anhörung
Jeder Antragsteller wird von einem Mitarbeiter des BAMF angehört. In dieser Anhörung muss der Antragsteller alle bedeutsamen Gründe für seine Flucht darlegen. Die Anhörung ist maßgeblich für den Ausgang des Asylverfahrens. Der Antragsteller wird zu allen relevanten Punkten befragt. Die Anhörung ist in zwei Teile gegliedert. Im ersten Teil der Anhörung werden allgemeine Fragen zur Person, Reiseweg und Lebenssituation gestellt. Im zweiten Teil geht es dann um die konkreten Fluchtgründe.
Jedem Antragsteller steht das Recht zu, in seiner Muttersprache angehört zu werden. In der Regel wird folglich ein Dolmetscher bei der Anhörung anwesend sein.
Anhand dieses Gespräches entscheidet das BAMF über den Asylantrag. Grundsätzlich kann bereits in diesem Stadium ein im Asylrecht spezialisierter Rechtsbeistand hinzugezogen werden. Die rechtlichen Handlungsmöglichkeiten sind umso besser, je früher die Mandatierung erfolgt.
Entscheidung durch das BAMF
Nach Abschluss der Anhörung erfolgt eine Bewertung durch das BAMF. Das BAMF überprüft, ob das vorgetragene Schicksal glaubwürdig ist und entscheidet letztlich, ob der Antrag positiv oder negativ beschieden wird. Dem Antragsteller wird die Entscheidung schriftlich zugeschickt. An dieser Stelle ist es außerordentlich wichtig, den Bescheid genau zu studieren. Es muss genau differenziert werden, wie entschieden worden ist. Selbst wenn z.B. die Asylanerkennung abgelehnt wird, kann der Bescheid aufgrund der Zuerkennung von subsidiären Schutzstatus, positiv sein. Ferner sind je nach Art der Ablehnung verschiedene Rechtsmittelfristen zu beachten. Auf dem Bescheid ist stets eine sog. Rechtsmittelbelehrung abgedruckt. Aus dieser ergibt sich, wo und bis wann entsprechende Rechtsmittel eingelegt werden können.
Aufgrund der kurzer Fristen sollte unmittelbar nach einem ablehnenden Bescheid ein Anwalt im Asylrecht kontaktiert werden.
Es kommen insbesondere folgende (negative) Entscheidungen durch das BAMF in Betracht:
„Der Antrag wird als unzulässig abgelehnt.“
Ergeht eine solche Entscheidung, sieht sich das BAMF als nicht zuständig an. In der Regel ergehen solche Bescheide in den sog. „Dublin-Verfahren“. Der Asylantrag wird abgelehnt und es wird zugleich die Abschiebung in das vermeintlich zuständige Land angeordnet.
In diesen Fällen ergeht keine inhaltliche Prüfung des Antrags. Die Klagefrist beträgt lediglich eine Woche und hat keine aufschiebende Wirkung, sodass zusätzlich zur Klage ein Eilantrag gestellt werden muss.
„Der Antrag wird als offensichtlich unbegründet abgelehnt.“
Eine solche Entscheidung ergeht in der Regel, wenn der Antragsteller aus einem sog. sicherem Herkunftsstaat eingereist ist. Auch bei einer solchen Entscheidung bedarf es eines Eilantrags. Die Klagefrist beträgt ebenfalls nur eine Woche und hat keine aufschiebende Wirkung.
„Der Antrag auf (…) wird abgelehnt.“
Eine solche Entscheidung stellt den Regelfall eines negativen Bescheides dar. Die Klagefrist beträgt hier zwei Wochen und entfaltet aufschiebende Wirkung, sodass kein zusätzlicher Eilantrag notwendig ist.
Die Klage vor dem Verwaltungsgericht
Sofern der Bescheid negativ beschieden worden ist, besteht die Möglichkeit, vor dem Verwaltungsgericht Klage zu erheben bzw. ggf. einen zusätzlichen Eilantrag zu stellen.
Nachdem eine entsprechende Klage eingereicht worden ist, wird nach einigen Monaten ein Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmt. In diesem Termin muss das Verfolgungsschicksal in der Regel erneut geschildert werden. Zusätzlich müssen die Fragen des Richters beantworte werden. Auf Grundlage der mündlichen Verhandlung ergeht dann eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts.
Ein Rechtsanwalt im Asylrecht wird Sie ausführlich auf diesen Termin vorbereiten und den Termin gemeinsam mit Ihnen wahrnehmen.
Es besteht die Möglichkeit, zunächst nur fristwahrend Klage einzureichen und die Klage später zu begründen.
Klage wurde abgelehnt: Was jetzt?
Auch nach einer negativen Entscheidung durch das Verwaltungsgericht bestehen weiterhin Rechtsmittel. Wenngleich gesagt werden muss, dass diese nur in ganz bestimmten Fällen erfolgversprechend sind.
Antrag auf Zulassung der Berufung
Gegen eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts besteht die Möglichkeit, einen Antrag auf Zulassung der Berufung zu stellen. Die Berufung wird zugelassen, wenn es sich um ungeklärte Fragen von grundsätzlicher Bedeutung handelt oder um Fragen, die von anderen Verwaltungsgerichten unterschiedlich entschieden worden sind. Es ist an dieser Stelle darauf hinzuweisen, dass die Erfolgschancen für einen solchen Antrag in der Praxis als sehr gering einzustufen sind. Folglich ist ein solcher Antrag nur in bestimmten Fällen zweckmäßig.
Asylfolgeantrag
Ferner besteht die Möglichkeit, einen Asylfolgeantrag gem. § 71 AsylG zu stellen. Ein solcher ermöglicht nach Abschluss eines Asylverfahrens, ein weiteres Asylverfahren in Gang zu setzen. Ein solcher Antrag hat relativ hohe Zulässigkeitshürden. Es müssen neue Asylgründe vorliegen, die im ersten Asylverfahren nicht geltend gemacht werden konnten.
Antrag auf Wiederaufgreifens des Verfahrens
In bestimmten Fällen hat das BAMF das Verfahren gem. § 51 VwVfG wiederaufzugreifen. Ein solcher Antrag ist jedoch nur zulässig zur Feststellung von Abschiebungsverboten. Ein Schutzstatus kann durch einen solchen Antrag nicht erreicht werden.
Aufenthaltsrechtliche Perspektiven
Unabhängig vom Asylverfahren können sich auch aus aufenthaltsrechtlichen Gesichtspunkten Bleibeperspektiven ergeben.
Es kommt beispielsweise für abgelehnte Asylbewerber eine Ausbildungsduldung in Betracht.
Das materielle Asylrecht („Wer bekommt Asyl?“)
Ob ein Bescheid positiv entschieden wird bzw. ob eine Klage Aussicht auf Erfolg hat, hängt immer vom individuellen Einzelfall ab. In der Regel wird im Rahmen eines Asylantrags immer kumulativ geprüft, ob der Antragsteller die Voraussetzungen für die Anerkennung als Asylberechtigter oder für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft erfüllt. Ferner wird geprüft, ob dem Antragsteller subsidiärer Schutz zu gewähren ist und ob Abschiebungsverbote vorliegen.
Anerkennung als Asylberechtigter gem. Art. 16a Abs. 1 GG
Gem. Art. 16a Abs. 1 AsylG genießen politisch Verfolgte Asylrecht.
„Politisch verfolgt ist, wer „wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer sozielen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung Verfolgungsmaßnahmen mit Gefahr für Leib oder Leben oder Beschränkungen seiner persönlichen Freiheit ausgesetzt ist oder solche Verfolgungsmaßnahmen begründet befürchtet.“ (BVerfGE 67, 184)
Die Verfolgung muss stets vom Staat selbst auszugehen oder dem Staat zurechenbar sein. Der Schutz nach Art. 16a Abs. 1 GG ist gem. Art. 16a Abs. 2 GG insbesondere dann ausgeschlossen, wenn der Asylbewerber bereits in einem Drittstaat in Sicherheit gewesen ist.
Flüchtlingseigenschaft nach §§ 3 ff. AsylG (Asylgesetz)
In § 3 Abs. 1 AsylG ist geregelt, wer als Flüchtling gilt:
„Ein Ausländer ist Flüchtling wenn er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung außerhalb des Landes befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.“
Die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft knüpft maßgeblich an die Verfolgung als Fluchtgrund an. In § 3a AsylG sind die Verfolgungshandlungen und in § 3b AsylG die Verfolgungsgründe geregelt.
Der Begriff des Verfolgers ist weiter als im Rahmen des Art. 16a GG. Demnach können auch nicht staatliche Akteure Verfolger sein, sofern der Staat keinen ausreichenden Schutz bieten kann.
Sofern die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt wird, erhält der Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 2 AufenthG in Verbindung mit § 26 Abs. 1 S. 2 AufenthG. Die Aufenthaltserlaubnis gilt zunächst für drei Jahre. Zudem gilt unter anderem ein vereinfachter Familiennachzug.
Subsidiärer Schutz § 4 AsylG
Die Zuerkennung subsidiären Schutzes ist in § 4 AsylG geregelt. Demnach gilt:
„Ein Ausländer ist subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht.“
Ein ernsthafter Schaden liegt insbesondere bei drohender Todesstrafe, Folter, unmenschlicher Behandlung oder Unversehrtheit vor.
Die Zuerkennung subsidiären Schutzes führt zu einem Aufenthaltstitel nach § 25 Abs. 2 AufenthG in Verbindung mit § 26 Abs. 1 S. 3 AufenthG. Dieser Aufenthaltstitel gilt zunächst für ein Jahr.
Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 AufenthG
Die letzte Stufe stellen die sog. Abschiebungsverbote dar. Durch die Feststellung von Abschiebungsverboten wird kein positiver Schutzstatus festgestellt, sondern Abschiebungsverbote hindern lediglich vorläufig die Aufenthaltsbeendigung.
§ 60 Abs. 5 AufenthG
„Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.“
§ 60 Abs. 7 AufenthG
Das Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 AufenthG soll vor existenziellen Gefahren im Heimatstaat schützen.
„Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.“
Weitere Fragen rund um das Thema Asylrecht:
Klage oder Eilantrag im Asylrecht?
Es kann oftmals sehr verwirrend sein, ob denn nun eine Klage oder ein zusätzlicher Eilantrag gestellt werden muss. Ein Eilantrag muss immer dann gestellt werden, wenn eine Klage keine aufschiebende Wirkung entfaltet. In der Regel entfaltet eine Klage aufschiebende Wirkung, sodass bis zu einer Entscheidung durch das Verwaltungsgericht nichts zu befürchten ist. In bestimmten Fällen im Asylrecht entfaltet eine Klage aber gerade keine aufschiebende Wirkung, sodass eine Klage zunächst nicht hilfreich bzw. ausreichend ist. In diesen Fällen muss dann zusätzlich zur Klage ein sog. Eilantrag gestellt werden, mit dem Ziel, die aufschiebende Wirkung anzuordnen bzw. wiederherzustellen.
Das Dublin-Verfahren im Asylrecht: Was ist das eigentlich?
Das Dublin-Verfahren regelt, welcher Staat für die Bearbeitung des Asylantrags innerhalb der Europäischen Union zuständig ist. Grundsätzlich soll der Asylantrag von dem Mitgliedstaat bearbeitet werden, in dem der Antragsteller die Europäische Union erstmalig betreten hat. Sofern ein Asylantrag gestellt wird, wird als Erstes geprüft, ob Deutschland überhaupt zuständig ist oder ob nach der Dublin-III-Verordnung ein anderer Staat für das Asylverfahren zuständig ist. Im letzteren Fall wird der Asylantrag als unzulässig abgelehnt.
Erhalten Asylbewerber Geld während des Asylverfahrens?
Die Bundesrepublik Deutschland ist ein Sozialstaat. Folglich erhalten Menschen, die sich in einer finanziellen Notlage befinden Hilfe. Das gilt sowohl für Deutsche als auch für Asylbewerber. Letztere erhalten Sozialleistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG). Nach 15 Monaten wird die Höhe der Sozialleistungen an die der Leistungen nach dem SGB II und SGB VII angepasst.
Was ist ein Zweitantrag im Asylrecht?
Ein Zweitantrag bezeichnet den Fall, dass der Antragsteller bereits ein Asylverfahren in einem sog. sicheren Drittstaat erfolglos durchlaufen hat und nun einen weiteren Asylantrag in Deutschland stellt. Zusätzlich zu den Voraussetzungen des Asylfolgeantrags müsste Deutschland in diesem Fall überhaupt zuständig sein.
Wie sehen die Statistiken im Asylrecht aus?
Das BAMF veröffentlicht regelmäßig aktuelle Zahlen in Bezug auf Asyl und Flüchtlingsschutz. Daraus ergibt sich unter anderem, dass bis zum November 2019 insgesamt 133.324 Erstanträge vom Bundesamt entgegengenommen worden sind. Weitere Statistiken können hier nachgelesen werden.